ADHS durch Zucker? Das ist dran (+ 6 Tipps)

Autor: Dr. med. Achim Zinggrebe 

Zucker gilt als ungesund. Aber kann er die Symptome von ADS und ADHS in Kindern und Erwachsenen verstärken – oder ist er sogar der Auslöser?

Studien sagen: Das kann sein.

Aber mit der richtigen Ernährung kannst Du die Wirkung verringern. Wir zeigen Dir, wie.

Kurz: Wie hängen ADHS und Zucker zusammen?

  • Langfristig kann zu viel Zucker das ADHS-Risiko erhöhen.
  • Kurzfristig kann er Unaufmerksamkeit und Hyperaktivität von ADHS-Patienten triggern.
  • Eine zuckerarme Ernährung kann dagegen für mehr Konzentration und innere Ruhe sorgen.
  • Besonders auf Soft Drinks solltest Du verzichten. Auch eine eiweißreiche Ernährung hilft.

Sorgt Zuckerkonsum für Aufmerksamkeitsstörungen? Das sagen Studien

Laut einer Untersuchung der University of Colorado kann zu viel Zucker über einen zu langen Zeitraum das ADHS-Risiko erhöhen. Einige Studien gehen sogar von einer vierfach höheren Wahrscheinlichkeit aus (Del-Ponte et al. 2019).

Der Grund dafür: Zucker macht (kurzzeitig) glücklich und energiegeladen. Nach dem Genuss schüttet der Körper das Glückshormon Dopamin aus. Doch die Wirkung lässt schnell nach. Und wenn das Tief eintritt, fühlst Du Dich schlapp – und die Aufmerksamkeit leidet. Um Dich wieder konzentrieren zu können, verlangt Dein Körper Nachschub.

Dieser Kreislauf kann zu einer wahren Zuckersucht ausarten.

Außerdem hat eine Studie festgestellt, dass das Gehirn von ADHS-Patienten Glukose schlechter verarbeitet als von Menschen ohne ADHS. Vor allem die Regionen im Hirn, die den Fokus und die Impulsivität lenken, sind betroffen (Loewen et al. 2020).

Aber: Es gibt auch eine gute Nachricht. Denn eine ausgewogene Nahrungsaufnahme mit viel Obst und Gemüse und wenigen Süßigkeiten kann ebenso vor ADHS schützen. Weiter unten erfährst Du, was auf Deinem Teller landen sollte.

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Verstärken Süßigkeiten die Hyperaktivität und Co.?

Einige Studien weisen darauf hin, dass übermäßiger Zuckerkonsum – etwa nach einer Heißhungerattacke – die Symptome von ADS und ADHS verschlechtern kann (Farsad-Naeimi et al. 2020). Besonders die Aufmerksamkeit scheint nach zu vielen Süßigkeiten zu leiden (Li 2020).

Das liegt am Blutzucker: Zucker lässt den Blutzuckerspiegel schnell in die Höhe schießen und danach genauso schnell wieder abstürzen. Das sorgt für kurzfristig viel Energie – und damit Hyperaktivität – und danach für umso mehr Müdigkeit, die Konzentrationsprobleme verursacht.

Der niedrige Spiegel führt außerdem zu einer erhöhten Freisetzung von Adrenalin, die wiederum mit einer Unterversorgung des Gehirns mit Glukose einhergeht. Von der Über- in die Unterzuckerung, sozusagen.

Bei ADHS-Patienten sind die Auswirkungen auf den Blutzuckerspiegel besonders stark. Außerdem verstärken sie das Ungleichgewicht im Gehirn, die das Verhalten beeinflussen.

Dazu kommt, dass die Bildung von Neurotransmittern erschwert wird. Neurotransmitter sind die Botenstoffe unserer Nervenbahnen. Fehlen sie, bist Du unruhig, nervös, gereizt.

So prüfst Du, wie Du und Deine Kinder auf Zucker reagieren

Du hast das Gefühl, dass Dein Kind nach Süßigkeiten richtig aufdreht? Oder bist selbst unruhig, wenn Du Kuchen und Co. isst? Dann kannst Du überprüfen, wie stark die Reaktion des Körpers auf den Süßstoff ausfällt.

So geht’s: Reduziere zehn Tage lang so viel Zucker wie möglich aus der Ernährung. Protokolliere über diesen Zeitraum Essen, Getränke sowie Häufigkeit und Intensität der Symptome. Am elften Tag trinkst Du oder trinkt Dein Kind ein Glas Fruchtsaft mit einem Teelöffel weißen Zuckers. Wie verändern sich die Symptome? Notiere es und vergleiche es mit der Liste!

Beobachte die Reaktion: Wenn Hyperaktivität und Konzentrationsschwächen innerhalb kurzer Zeit auftreten, gibt es ein Problem in Verbindung mit Süßigkeiten.

Aber das ist gar nicht schlimm – sondern eher eine gute Nachricht: Denn wenn Du merkst, wie sehr Zucker schadet, kannst Du auch etwas daran ändern.

Im nächsten Abschnitt zeigen wir Dir, wie.

6 Tipps für eine ausgewogene Ernährung

Langfristig umgesetzt kann Dich eine gesunde Ernährung dabei unterstützen, ADHS-Symptome zu lindern.

1. Verbanne folgende Lebensmittel

Du solltest so wenige Lebensmittel wie möglich essen, die zugesetzten Zucker oder „leere“ Kohlenhydrate enthalten.

  • Soft Drinks: Schon ein Glas Limo reicht oft, um einen Zuckerschock hervorzurufen. Besser sind viel Wasser und ungesüßter Tee.
  • Energy Drinks: Neben der Süße sorgt vor allem das Koffein für Aufmerksamkeitsprobleme.
  • Leere Kohlenhydrate: Brot, Nudeln und andere Produkte aus Weißmehl liefern schnelle Energie, ohne zu sättigen.

Wenn Du diese Lebensmittel gar nicht erst kaufst, fällt es Dir leichter, darauf zu verzichten. Und wenn Du als Elternteil eine gesunde Ernährung vorlebst, wird es auch Dein Kind nachahmen.

Tipp: Schau beim Einkauf auf den glykämischen Index, der auf der Verpackung steht. Er zeigt, wie schnell Lebensmittel in Glukose umgewandelt werden und damit den Blutzuckerspiegel anheben. Je niedriger, desto besser.

 Achtung: Wenn Du auf die Verpackung schaust, halte auch Ausschau nach „verstecktem“ Zucker. Er verbirgt sich oft hinter Bezeichnungen wie Maissirup, Zuckerrohrsaft, Dextrin, Saccharose und Co.

 2. Iss mehr Eiweiß

Proteine unterstützen Dich dabei, den Blutzuckerspiegel auf einem Level zu halten. Sie werden langsam verdaut und produzieren Neurotransmitter, die für das Nervensystem wichtig sind.

Vor allem mageres Fleisch und Fisch, Nüsse, Tofu und Hülsenfrüchte sollten deshalb auf Deiner Speisekarte landen.

3. Verzichte nicht komplett auf Zucker

Eine komplett zuckerfreie Ernährung ist nicht gesund. Denn: der Körper braucht Zucker! Als Energieträger und als Baustoff für viele neue Zellen.

Dieser „gesunde“ Zucker steckt in Obst und Gemüse. Dort kommt er mit vielen Vitaminen und Mineralstoffen. Iss also mehr davon.

Und auch Brot, Nudeln, Reis und Kartoffeln musst Du nicht vom Speiseplan streichen. Im Gegenteil: In ihnen stecken sogenannte Mehrfachzucker – langkettige Kohlenhydrate – die lange sättigen. Setze dort aber am besten auf Vollkornprodukte.

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4. Finde Alternativen

Du ißt gerne süß oder liebst Limonaden? Zum Glück gibt es natürliche Alternativen zum raffinierten Industriezucker:

  • Süßstoffe wie Aspartam, Stevia und Xylitol enthalten wenige bis keine Kalorien und enthalten teilweise auch Mineralstoffe und Vitamine.
  • Ahornsirup, Kokoszucker und Honig stecken voller Antioxidantien und haben einen niedrigen glykämischen Index.
  • Erdnussbutter oder Mandelmus sind süße Aufstriche, die aber vor allem langsam verdaute langkettige Kohlenhydrate enthalten.
  • Für viele Produkte wie Cola oder Cookies gibt es Light-Varianten.

5. Achte auf Zusatzstoffe und Allergien

Seit einiger Zeit stehen auch Farbstoffe unter Verdacht, ADHS-Symptome zu beeinflussen. Süßigkeiten mit bestimmten Farbstoffen müssen sogar die Aufschrift „kann Aktivität und Aufmerksamkeit von Kindern beeinträchtigen“ tragen.

Einige ADHS-Patienten haben auch Allergien oder eine Laktoseintoleranz, die Symptome fördern können.

6. Nimm langsame Änderungen vor

Von heute auf morgen alle Süßigkeiten in den Müll schmeißen und von nun an zuckerfrei leben? Das ist keine gute Idee.

Besser: Starte klein und beobachte, wie sich die Veränderung auf die ADHS-Symptome auswirkt. Wir empfehlen, zuerst gesüßte Getränke zu streichen. Danach geht’s an die Mahlzeiten und Snacks.


Dr. med. Achim Zinggrebe ist Vater von drei Söhnen und Gründer von Machinaro. Seine Nahrungsergänzungsmittel und Ratgeber sollen Menschen helfen, den Alltag trotz AD(H)S zu meistern.

Quellen:

Del-Ponte B, Quinte GC, Cruz S, Grellert M, Santos IS. Dietary patterns and attention deficit/hyperactivity disorder (ADHD): A systematic review and meta-analysis. J Affect Disord. 2019 Jun 1;252:160-173. doi: 10.1016/j.jad.2019.04.061. Epub 2019 Apr 10. PMID: 30986731

Loewen OK, Maximova K, Ekwaru JP, Asbridge M, Ohinmaa A, Veugelers PJ. Adherence to Life-Style Recommendations and Attention-Deficit/Hyperactivity Disorder: A Population-Based Study of Children Aged 10 to 11 Years. Psychosom Med. 2020 Apr;82(3):305-315. doi: 10.1097/PSY.0000000000000787. PMID: 32251098

Farsad-Naeimi A, Asjodi F, Omidian M, Askari M, Nouri M, Pizarro AB, Daneshzad E. Sugar consumption, sugar sweetened beverages and Attention Deficit Hyperactivity Disorder: A systematic review and meta-analysis. Complement Ther Med. 2020 Sep;53:102512. doi: 10.1016/j.ctim.2020.102512. Epub 2020 Aug 16. PMID: 33066852

Li L, Taylor MJ, Bälter K, Kuja-Halkola R, Chen Q, Hegvik TA, Tate AE, Chang Z, Arias-Vásquez A, Hartman CA, Larsson H. Attention-deficit/hyperactivity disorder symptoms and dietary habits in adulthood: A large population-based twin study in Sweden. Am J Med Genet B Neuropsychiatr Genet. 2020 Dec;183(8):475-485. doi: 10.1002/ajmg.b.32825. Epub 2020 Oct 7. PMID: 33029947; PMCID: PMC7702140